Bis in die 1990er Jahre wurde die Diagnose eines Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) nur bei Kindern und Jugendlichen gestellt. Etwa fünf Prozent der Kinder erhalten heutzutage diese Diagnose, wobei im Kindesalter die Hyperaktivität im Vordergrund steht. Später „wachse sich die Erkrankung aus“, hieß es. Die Hälfte der Betroffenen, bei denen im Kindesalter die Diagnose eines ADHS gestellt wurde, zeigt jedoch auch im Erwachsenalter Auffälligkeiten bzw. Symptome, die keiner anderen Störungen zugeordnet werden können. Im Rahmen des nächsten „Arzt im Dialog“-Infoabends der Main-Kinzig-Kliniken am Donnerstag, den 10. Dezember stehen das Störungsmodell, die Diagnostik und die Behandlungsmöglichkeiten von ADHS im Erwachsenenalter im Mittelpunkt. Referentinnen sind Dr. Susanne Markwort, Chefärztin der Schlüchterner Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie sowie Oberärztin Dr. Tatjana Müller-Neugebauer. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Vortragsraum der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Schlüchterner Krankenhauses.
„Insbesondere im Bereich der Aufmerksamkeitsleistungen, aber auch der Impulsivität unterscheiden sich von ADHS betroffene Menschen von anderen ihrer Altersgruppe. Sie erkranken darüber hinaus häufiger an Depressionen, Persönlichkeitsstörungen, Angst- oder Suchterkrankungen als die Allgemeinbevölkerung“, so Dr. Markwort. Seit mehreren Jahren beschäftigt sich die psychiatrische Forschung im Erwachsenenalter mit der Störung, der neurobiologische Ursachen zugrunde liegen. „Es handelt sich nicht um ein erlerntes Fehlverhalten und sie ist auch nicht die Folge übermäßigen Medienkonsums“, macht Dr. Müller-Neugebauer deutlich.
Vor der Behandlung erfolgt eine umfangreiche Diagnostik: eine ausführliche Anamnese bis zurück in die Kindheit inklusive einer Befragung betreuender Personen im Umfeld, eine Erhebung des psychopathologischen Befundes sowie Verhaltensbeobachtung. Auch bildgebende Verfahren und testpsychologische Untersuchungen fließen in die Diagnose mit ein. Ziele sind eine genaue Symptombeschreibung und exakte Leistungsbeurteilung. „Erst danach sollte eine medikamentöse Behandlung eingeleitet werden“, erklärt Dr. Markwort. Für viele Betroffenen sei unter einer Medikation eine Teilnahme am Arbeits- und gesellschaftlichen Leben möglich. Begleitend werde eine verhaltenstherapeutisch orientierte Psychotherapie empfohlen.
Im Anschluss an den Vortrag stehen die Referentinnen gern für Fragen der Besucher zur Verfügung. Der Besuch der Informationsveranstaltung ist kostenfrei und ohne Anmeldung möglich.